Schnipsel-Kino

    Ein Bilderbuchabenteuer für Kinder und Erwachsene  

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Nicht auf dem Bild:   Abu Salim Fatmeh (Sprecherin) und Jeanette Enkelmann (Blockflöten)


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24.03.2017

"einfach Bergisch" Ausgabe 1 / 2017

Aus Schnipseln werden Geschichten
Das Schnipsel-Kino ist eine Mischung aus Theater, Kino und Hörspiel. Das Ensemble bringt mehrere Produktionen pro Jahr auf die Leinwand. Von Julia Klinkusch
„Das ist der Räuber Zaster, Klauen ist sein größtes Laster. Und seine schlimmsten Plagen sind nun mal Alarmanlagen.“ Sophie Kromberg singt glockenhell. Im Haus der Jugend in Wuppertal-Barmen haben es sich rund 80 Kindergartenkinder auf den bunten Flickenteppichen bequem gemacht. Alle schauen gebannt auf die Leinwand im großen Saal. Doch die ist schwarz - bis auf einen kleinen Ausschnitt, auf dem ein Baum zu erkennen ist. Nach und nach werden gleich ganze Bilder erscheinen. Das Schnipsel-Kino führt die Geschichte „Als Räuber Zaster den Weihnachtsmann klaute“ auf. Das Weihnachtsstück war so erfolgreich, dass es auch im neuen Jahr noch einige Male gezeigt wurde. „Es ist die 29. Vorstellung. Die Weihnachtsstücke laufen immer unglaublich gut“, erklärt Heiner Waniek vom Schnipsel-Kino Team.
Bevor es losgeht, erklären Erzählerin Rita Reineke und Stimmenspezialist Waniek, wie das Schnipsel-Kino funktioniert. Wer die Lieder kennt, darf ruhig mitsingen. Nun hallen Windgeräusche durch den Saal. Waniek ist nämlich nicht nur Spezialist für Stimmen, sondern auch für Geräusche. Die Alarmanlage schrillt. Sophie Krombergs Kollege an der Gitarre, Jürgen Blaß, sorgt für den entsprechenden Misston.Rita Reinecke erzählt vom Schneegestöber und berieselt zeitgleich ihren Kollegen mit Kunstschnee. Sehr zur Freude der Kinder, die schallend lachen. Parallel zur Erzählung erscheinen immer mehr Bildausschnitte auf der schwarzen Leinwand. Ein kleiner Hund (Waniek kann wirklich prima bellen), ein Eichhörnchen (eine Art Running Gag, der auf jeder Seite auftaucht) und schließlich Räuber Zaster. So lange, bis das Bild ganz aufgedeckt ist und es zur nächsten Bilderbuchseite geht, auf der das Spiel von Neuem beginnt.
60 Vorstellungen im Jahr
Das Glockengeläut des Weihnachtsmannschlittens erzeugt Sophie Kromberg mit einem Schellenkranz am Fuß. Mit tiefer Stimme spricht ihr Kollege Heiner den Weihnachtsmann, Räuber Zaster hingegen hat eine hohe Stimme und lispelt. Wenn er Kinderfiguren spricht, wird die Stimme noch heller, außerdem trägt der Erzähler dann eine lustige Kindermütze. Zwischendurch erklingen Lieder, die von den Kindern lauthals mitgesungen werden. Die beiden Musiker untermalen das Ganze mit Querflöte und Gitarre. Zum Schluss, nach einem Happy End natürlich, gibt es tosenden Applaus für das Schnipsel-Kino. Und umgekehrt haben die Erzähler und Musiker auch für die Kinder ein Geschenk: Jeder kleine Besucher erhält am Ausgang einen Schnipsel aus dem Buch, das als Vorlage für die Geschichte diente. Immer vier Schnipsel zusammen ergeben ein komplettes Bild.
Im vergangenen Jahr hat das Schnipsel-Kino rund 60 Vorstellungen gegeben. Drei Produktionen sind es jedes Mal, darunter ein Weihnachtsstück.
Der große Saal im Haus der Jugend ist dabei so etwas wie seine Basis. Dort finden stets die Premieren der neuen Stücke statt. Seit Kurzem gibt es eine große Leinwand, die den Kinoeffekt noch verbessert. Das Schnipsel-Kino geht auch auf Reisen. Es ist viel in Schulen und Kindergärten in der Region unterwegs. Sogar in Bochum war das Theater schon zu Gast. Die Kinder danken es ihm - vor allem mit bunt gemalter Fanpost, passend zu den Stücken, die auf der Homepage des Teams zu bewundern ist.
Die Produktionen werden gemeinsam entwickelt. Zum Team gehören auch die dritte Musikerin Katrin Berger sowie Initiatorin Sandra Spallek. Letztgenannte hat eine riesengroße Bilderbuchsammlung; von ihr stammt ursprünglich die Idee, Bilderbücher als eine Mischung aus Hörspiel und sich ändernden Bildern auf die Leinwand zu bringen. Heiner Waniek schreibt die Texte zum Stück, die Musiker vertonen alles. „Als Musiktrio sind wir quasi anderthalbfach besetzt“, erklärt Jürgen Blaß. In jeder Vorstellung sind zwei Musiker dabei. „Wir vertonen jedes Stück für verschiedene Instrumentenvariationen“, ergänzt seine Kollegin Sophie. Sie spielt Querflöte, Jürgen Blaß Gitarre und Katrin Berger Cello. Für weitere Geräusche gibt es eine Snare Drum, eine Kolbenflöte und das sogenannte „Pinke Ding", ein Plastikrohr, das quäkende Geräusche erzeugt. Rita Reineke und Sandra Spallek teilen sich die Erzählerrolle, während Heiner Waniek bei jeder Vorführung dabei ist.
Neffe als Namensgeber
Bevor ein Bilderbuch auf die Leinwand gebracht werden kann, muss das Schnipsel-Kino die Rechte erwerben. Die reine Erlaubnis des Verlags reicht nicht aus. Inzwischen gibt es einige beliebte Kinderbücherverlage, mit denen es regelmäßig zusammenarbeitet. Allerdings auch andere, die für die Rechte so hohe Preise verlangt haben, dass die Künstler diese weder bezahlen konnten noch wollten. Sind die Rechte aber erworben, geht es an die Bildbearbeitung. Darum kümmert sich Sandra Spallek. Alle Seiten müssen gescannt werden, der Knick in der Mitte des Buches sowie die Texte werden wegretuschiert. Über das fertige Bild wird die schwarze Maske gelegt, in der nach und nach dann die Einzelteile des Bildes erscheinen. Nicht in jedem Bilderbuch gibt es Dialoge. Dann muss Texter Heiner Waniek entsprechende Sätze erfinden. Erzählerin Rita Reineke hingegen liest die vorhandenen Texte aus dem entsprechenden Buch vor. „Räuber Zaster, zum Beispiel, ist sehr nah an der Buchvorlage“, erklärt sie. Für die Dialoge dagegen gilt: „lch muss überlegen, was sich vom Erzähltext den Figuren in den Mund legen lässt“, sagt Waniek. Da der reine, vorgelesene Text eines Bilderbuches maximal zehn Minuten beanspruchen würde, muss er die Geschichte füllen und ausschmücken. Schließlich dauert eine Vorführung im Schnitt 30 Minuten. Für die Länge sorgen nicht nur die eingesetzten Dialoge, sondern auch die Lieder und die atmosphärischen Geräusche.
Begonnen hat alles ganz klein im Sommer 2009. Ein kleines Stück von Helme Heine, das 15 bis 20 Minuten dauerte und dreimal aufgeführt wurde. Sandra Spallek war es, die damals zu einem befreundeten Musiker ging, ihm ein Bilderbuch vor die Nase hielt und fragte „Ihr vertont doch alles, oder?“ Anfangs liefen die Bilder wie eine Diaschau, später kamen die Gucklöcher hinzu. Den Namen für das Projekt hat der Neffe eines Bekannten erfunden. Ihm erzählten sie, was sie vorhatten und der Steppke rief direkt: „Ach, ein Schnipsel-Kino.“
Die Geschichten richten sich an Kinder zwischen vier und fünf Jahren sowie an Grundschüler der ersten Klasse. Für Kinder der dritten oder vierten Klasse gibt es ein englisches Stück. Auch eine arabische Vorführung hat es schon gegeben. Diese war zweisprachig - in Arabisch und Englisch - und wurde in Zusammenarbeit mit einem Muttersprachler aufgeführt. „Das ist ideal, gerade für Sprachanfänger“, sagt Heiner Waniek. „Weil eben zum Text auch die passenden Bilder erscheinen und man die Geschichte so besser versteht.“ Dem Team geht es darum, bei den Kindern einen Film im Kopf entstehen zu lassen. „Anfangs haben wir alles im Dunkeln aufgeführt, aber das hat nicht funktioniert“, erläutert Rita Reineke. Seitdem stehen Musiker und Erzähler in einem kleinen Lichtkegel und arbeiten mit ihrer Gestik und Mimik sowie einigen kleinen Requisiten. Perfekt.
Derzeit steht auf dem Spielplan der Bilderbuch verrückten Truppe „Dr. Brumm geht baden“ - das passt zur Jahreszeit, wenn die Tage wieder länger sind und sich die Sonne (hoffentlich) öfter zeigt. Und darum geht’s: Am Grund des Sees soll der wilde und gefährliche Zornickel lauern. Der kann sogar einen Bären mit einem Happs verschlingen. Deshalb bleibt Dr. Brumm lieber an Land. Sicher ist sicher. Doch als Pottwal, Dr. Brumms bester Freund, plötzlich von der Wasseroberfläche verschwindet, gibt es für Dr. Brumm kein Halten mehr. Tollkühn springt er ins Wasser, um Pottwal vor dem Zornickel zu retten. Ein schöner und kurzweiliger Spaß für die gesamte Familie, bestimmt!

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